Journaling als Tool
- Benni
- 24. Dez. 2023
- 5 Min. Lesezeit
Hast du bereits Erfahrungen mit dem Führen eines Journals gesammelt? Falls nicht, möchte ich dir heute verschiedene Methoden vorstellen, wie das Journaling dein Leben in vielerlei Hinsicht bereichern kann.
Ein Journal kann ein kraftvolles Instrument zur Selbstreflexion und persönlichen Entwicklung sein. Von klassischen Tagebucheinträgen bis hin zu strukturierten Bullet Journals gibt es zahlreiche Ansätze, die sich an individuelle Vorlieben und Bedürfnisse anpassen lassen. Heute möchten wir uns jedoch auf das expressive Schreiben konzentrieren, also das Festhalten von Gedanken, Erfahrungen und Emotionen.
Die regelmäßige Praxis des Journalings ermöglicht nicht nur einen Einblick in deine Gedankenwelt, sondern kann auch dabei helfen, Stress abzubauen, Ziele zu setzen und Fortschritte zu verfolgen. In diesem Artikel werden wir einige faszinierende Journaling-Methoden erkunden, die dir helfen können, das Beste aus dieser kreativen und reflektierenden Gewohnheit herauszuholen.

Journaling über Vergangenes
Das Reflektieren über vergangene Ereignisse kann dazu beitragen, ein tieferes Verständnis für sich selbst zu entwickeln. Indem man über das eigene Verhalten, Gedanken und aufkommende Emotionen in verschiedenen Situationen schreibt, können Muster und Zusammenhänge deutlicher werden.
Es ist besonders wichtig, bewusst auch über schmerzhafte Situationen zu schreiben, um aus Fehlern zu lernen.
In allen Formen des expressiven Schreibens ist es entscheidend, sich selbst nicht zu zensieren. Schreibe so, als ob niemand jemals deine Aufzeichnungen lesen würde.
Meiner Meinung nach ist das handschriftliche Schreiben den digitalen Formen klar überlegen. Beim handschriftlichen Journaling gibt es keine Ablenkungen durch Benachrichtigungen, soziale Medien oder andere digitale Elemente. Das Fokussieren auf Stift und Papier ermöglicht eine tiefere Konzentration auf die eigenen Gedanken. Letztendlich wird dir aber nur die Methode nutzen, die du regelmäßig durchführst.
Wie kannst du nun loslegen?
In Studien zum Journaling wurde bisher oft der Ansatz verfolgt, dass die Studienteilnehmer zwischen 15 und 30 Minuten lang schreiben, möglichst ohne Unterbrechung. Die korrekte Grammatik oder einwandfreie Zeichensetzung spielen hier keine Rolle. Die Teilnehmer werden dazu ermutigt, viermal über das traumatischste oder belastendste Erlebnis ihres Lebens zu schreiben, und das idealerweise an aufeinanderfolgenden Tagen. Bitte setze dies jedoch nur ohne professionelle Begleitung um, wenn du dich dabei wohl fühlst.
Tatsächlich zeigten sich bei den Teilnehmern messbare physiologische und psychologische Verbesserungen. Dazu gehören beispielsweise eine gesteigerte Immunfunktion, niedrigerer Blutdruck, verbessertes Arbeitsgedächtnis und vieles mehr.1
Das bedeutet jedoch nicht, dass du diese extrem intensive Form des Journalings über Vergangenes durchführen musst. Eine andere Studie2 hat gezeigt, dass die Aktivierung der Amygdala durch das Verknüpfen von Emotionen mit Worten reduziert wird. Die Amygdala ist eine paarige, mandelförmige Struktur im Gehirn, die eine entscheidende Rolle im emotionalen Verarbeitungsprozess spielt. Wenn die Amygdala aktiviert wird, kann sie verschiedene Reaktionen im Körper auslösen, einschließlich der Freisetzung von Stresshormonen. Du siehst also, dass es schon hilfreich sein kann, seine Emotionen in Form von Journaling in Worte zu fassen und auf Papier zu bringen.
Journaling in der Gegenwart
Journaling über die Themen, die in diesem Moment dein Leben bestimmen, kann verschiedenste Vorteile bieten. Eine Möglichkeit wäre das Journaling kurz vor dem Schlafengehen, wenn dein Geist von einem bestimmten Thema oder Ereignis in Geiselhaft genommen ist und du die Befürchtung hast, dass dich deine Gedankenschleifen am Einschlafen hindern. Sobald du deine Gedanken auf Papier gebracht hast, wirst du feststellen, dass dein Geist beruhigt ist. Du kannst dir sicher sein, dass deine Problemlösungsstrategien auf Papier verewigt wurden. Du musst für den Moment nicht mehr daran festhalten.
Außerdem wird es dir dabei helfen, die Zeit zwischen einem Ereignis und der Reaktion auf ebendieses zu erhöhen. Das Abwägen von Pro- und Contrapunkten wird erleichtert und somit die Gefahr von Fehlentscheidungen aufgrund emotionaler Aufgewühltheit verringert.
Wenn du das Journaling in deine Alltagsroutine integrierst und in einem regelmäßigen Turnus, das könnte zum Beispiel täglich, wöchentlich oder an bestimmten Wochentagen sein, kann dies dazu führen, dass du mit der Zeit Muster in deinem Denken und Handeln erkennen wirst. Eventuell findest du den Grund heraus, warum du an manchen Tagen motivierter bist und an anderen kaum in die Gänge kommst? Vielleicht findest du heraus, welche Alltagsroutinen dich glücklich machen und welche dir eher Energie rauben? Im schlimmsten Fall hast du eine Erzählung über dein Leben, und dein zukünftiges Ich wird sich freuen, deine heutigen Gedankengänge mit ein bisschen Abstand nochmal lesen zu können.

Das Schreiben und Reflektieren der eigenen Gedanken hat eine lange Tradition. Besonders bekannt dafür ist der römische Kaiser und Stoiker Mark Aurel. Seine „Meditationen“ sind eine Sammlung von persönlichen Notizen und Reflexionen. Sie wurden während seiner Militärkampagnen verfasst und reflektieren seine stoischen Überzeugungen. In den Meditationen geht es um Themen wie Selbstbeherrschung, die Natur des Lebens, die Vergänglichkeit aller Dinge und die Akzeptanz von Schicksalsschlägen.
Eine weitere Möglichkeit wäre das Führen eines Dankbarkeitstagebuchs. Du kannst versuchen, täglich fünf Dinge aufzuschreiben, für die du dankbar bist. Das können große und kleine Dinge sein, eigene Errungenschaften, die dich mit Stolz erfüllen, oder einfach Tatsachen, über die du glücklich bist, die aber nicht in deiner eigenen Hand liegen, wie z.B. deine Gesundheit und die Freiheit, dein eigenes Leben in großen Teilen selbst bestimmen zu dürfen.
Energie fließt immer dahin, worauf du deinen Fokus legst. Also lege deinen Fokus auf die Dankbarkeit und darauf, was dir das Leben bereits geschenkt hat, anstatt ständig an die Defizite zu denken und daran, was dir noch fehlt. Viele "verbieten" sich Dankbarkeit, weil sie meinen, sie hätten dann keinen Hunger mehr, um ihre weiteren Ziele zu erreichen. Nur wenn du den Weg nie genießt und deine Erfolge feierst, wann kommt dann das erhoffte "gute Leben", wegen dem du deine Ziele verfolgst? Schiebst du dein Glück immer weiter in die Zukunft? Erlaube dir Dankbarkeit und verwechsle sie nicht mit Zufriedenheit.
Journaling über die Zukunft
Beim Journaling über die Zukunft ist es von entscheidender Bedeutung, deine limitierenden Glaubenssätze zu unterdrücken. Erlaube dir, eine Vision deiner idealen Zukunft niederzuschreiben. Stell dir vor, wo du dich in verschiedenen Lebensbereichen, wie Karriere, Beziehungen und Gesundheit, in zwei, fünf oder zehn Jahren sehen möchtest. Wie sieht dein Alltag aus? Mit wem teilst du deine Freizeit und deine Gedanken? Wie kleidest du dich? Was für ein Auto fährst du? Sei so detailliert wie möglich.
Basierend auf der Vorstellung der Zukunft kannst du dir anschließend konkrete und realistische Ziele ableiten. Diese Ziele sollten herausfordernd sein, aber auch erreichbar, um Motivation aufrechtzuerhalten. Orientiere dich hier an anerkannten Zielsetzungsmethoden, wie z.B. der WOOP-Technik. Teil dieser Technik ist auch das „mentale kontrastieren“. Das bedeutet, dass du dir nicht nur all die positiven Dinge in strahlenden Farben ausmalst, sondern auch mögliche Hindernisse zwischen dir und deinem Ziel identifizierst. Dies ermöglicht eine realistische Planung und Vorbereitung auf mögliche Schwierigkeiten.
Anschließend geht es darum, klare Handlungspläne zu entwickeln, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Dies könnte das Setzen von Meilensteinen, das Erlernen neuer Fähigkeiten oder das Festlegen von täglichen Gewohnheiten umfassen.
Zum Schluss möchte ich dich dazu ermutigen, dich selbst zu verpflichten, deine Ziele zu erreichen. Gib dir selbst das Versprechen, dass du an der Umsetzung deiner Ziele arbeiten willst. Nur du bist dafür verantwortlich, dein Leben authentisch und nach deinen Vorstellungen zu leben.
Zusammenfassung
Journaling kann in verschiedenen Lebenslagen angewendet werden und kann dir dabei helfen, mentale Klarheit zu erlangen und deine Ziele zu erreichen. Die Benefits einer Journalingroutine umfassen z.B.:
Muster im eigenen Denken und Handeln zu erkennen
Aus Fehlern zu lernen
Negativen Ereignissen eine neue Bedeutung zuweisen
Gedankenschleifen lösen
Distanz zu Ereignissen schaffen, Reaktionszeit vergrößern
Dankbarkeit erhöhen
Eine positive Zukunftsvision entwickeln
Ziele setzen
Hindernisse identifizieren
Handlungspläne erstellen
Dokumentation von Gewohnheiten
Ich hoffe, dass ich dir das Journaling schmackhaft machen konnte. Versuch es doch einmal und entscheide dann, ob es einen Platz in deinem Werkzeugkasten bekommen darf.
1 Baikie, K., & Wilhelm, K. (2005). Emotional and physical health benefits of expressive writing. Advances in Psychiatric Treatment, 11(5), 338-346. doi:10.1192/apt.11.5.338
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